„Was sind denn ihre Stärken?“

Diese Frage kennen wir alle vor allem aus den Ratgebern rund ums Thema Bewerbungen.

Man solle sich gut darauf vorbereiten, auch ein paar karrieredienliche Schwächen parat halten – und nach 2 bis 5 Stichpunkten verschwindet der Gedanke an die eigenen Stärken wieder aus unserem Kopf.

Völlig zu Unrecht!

Denn nur wenn ich mich selbst gut kenne und meine Stärken bewusst einsetze, kann ich mir mein Leben so gestalten, wie es meinem wahren Selbst entspricht. Und dabei geht es um viel mehr, als nur den Job.

Eine Comic Figur sitzt am Tisch - was sind meine Stärken

Was sind meine Stärken?

Ich kann das nicht!

Von frühester Kindheit werden wir verglichen und bewertet. Schon im PEKiP wird geschaut, wer sich denn schon drehen oder gar robben kann. Im Kindergarten wird gelobt, wer möglichst „brav“ ist. Die motorischen oder sozialen Defizite werden uns Eltern im Entwicklungsgespräch akribisch aufgelistet. Da ist noch Luft nach oben! Im Bewertungsgespräch erfahren wir als Mitarbeiter oft vor allem, was wir noch nicht gut machen. Und was wir alles noch tun sollten, um die nächste Stufe auf der Karriereleiter zu erklimmen. Ganz im Sinne von: Nicht gemeckert ist genug gelobt!

Auch wir selbst vergleichen uns ständig mit anderen – und oft schneiden wir dabei nicht besonders gut ab.

Ob all diese Bewertungen tatsächlich wahr sind, hinterfragen wir viel zu selten.

Stattdessen verschwenden wir unendlich viel Energie darauf, unsere vermeintlichen Schwächen auszugleichen. Wir glauben, dass wir nur noch härter an uns arbeiten müssen, um die nächste Beförderung zu verdienen – dass wir uns nur noch mehr anstrengen müssen, um bessere Eltern zu sein…

Diese Defizitorientierung ist ein wahrer Energieräuber und führt nicht selten zu zwanghafter Selbst-Optimierung und anschließender Beschämung und Frust, wenn wir die viel zu hoch gesteckten Ziele wieder nicht erreicht haben.

Schild mit der Aufschrift: Ich kann das nicht!

Ich kann das NICHT

Die Wissenschaft des gelingenden Lebens

Es ist wirklich eine Schande, wie viel Potential wir damit vergeuden, uns immer wieder nur mit unseren Schwächen zu beschäftigen.

Die Positive Psychologie hat den Zusammenhang zwischen dem eigenen Wohlbefinden und dem Einsatz der persönlichen Stärken zum Glück erkannt:

Sie hat herausgefunden, dass wir gute Chancen auf ein glückliches Leben haben, wenn wir unsere persönlichen Stärken erfolgreich einsetzen, im Einklang mit unseren Werten handeln und uns mit anderen Menschen verbunden fühlen!

Unsere Signatur- oder Charakterstärken sind dabei von besonderer Bedeutung:

Martin Seligman, der „Vater“ der Positiven Psychologie hat gemeinsam mit seinem Kollegen Christopher Peterson 24 Charakterstärken identifiziert, die in unterschiedlichen Ausprägungen in jedem Menschen vorhanden sind. Anschließend wurden diese Stärken in Kategorien zusammengefasst, die den Tugenden aus der Philospie entsprechen.

Die 24 Charakterstärken in der Positiven Psychologie, aufgeteilt in 6 Stärkenfamilien: Kopf-Stärken, Herz-Stärken, Beziehungs-Stärken, Gruppen-Stärken, Balance-Stärken und Sinn-Stärken

Die 24 Charakterstärken in der Positiven Psychologie

Im Schnitt verfügen wir über 3-7 Signatur- oder Charakterstärken, die unsere Persönlichkeit besonders prägen. Das heißt aber nicht, dass die restlichen Stärken gar nicht vorhanden sind – sie sind nur schwächer ausgeprägt, bzw. werden seltener eingesetzt, als unsere Top Charakterstärken.

Die gute Nachricht ist außerdem, dass wir jeder dieser Stärken trainieren können und sie sich dadurch in ihrem Ranking verändern – es lohnt sich also, immer mal wieder einen Blick auf die persönlichen Stärken zu werfen.

Selbsterkenntnis ist der erste Schritt!

Aber nicht zur Besserung, sondern zu einem glücklicheren und selbstbestimmteren Leben.

Wenn ich weiß, wie ich ticke hilft mir das, Situationen für mich zu bewerten. Meine Stärken sind dabei eine wichtige Säule für mein Wohlbefinden. Denn auch in Zeiten großer Unsicherheit kann ich versuchen, meine Stärken aktiv im Alltag einzusetzen und sie als wertvolle Ressource für mehr Zufriedenheit nutzen.

Meistens geht uns das, was für gut können allerdings so leicht von der Hand, dass wir es als selbstverständlich annehmen – dabei sind es gerade diese Stärken, die uns einzigartig machen.

Ganz wichtig dabei ist auch, die eigene Bewertung von Stärken einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Denn im Grunde kann jede Fähigkeit eine Stärke sein, sofern sie als positiv, hilfreich und charakteristisch wahrgenommen wird. Und wer hat nicht schon die Erfahrung gemacht, wie hilfreich zum Beispiel Humor sein kann.

Es gibt unterschiedlichste Wege, die eigenen Stärken kennenzulernen.

In meinen Kursen arbeite ich zum Beispiel gerne mit verschiedenen Reflexionsfragen und Übungen aus der Positiven Psychologie. Die Teilnehmerinnen sind oft total überrascht, wie klar sich bereits daraus ein roter Faden ergibt. Sie erhalten dadurch einen völlig neuen Blick auf sich selbst, kennen ihre Stärken und können diese bewusst für sich nutzen.

Eine Frau sitzt am Tisch und arbeitet - der Innere Beobachter schaut ihr über die Schulter

Der Innere Beobachter unterstützt gerne bei der Selbsterkenntnis

Aber auch dieser Fragebogen kann dir dabei helfen, deine persönlichen Charakterstärken herauszufinden!

Go with the Flow!

Der Einsatz unserer Stärken kann auch den entscheidenen Unterschied machen, ob wir unseren Job als Beruf oder als Berufung empfinden.

Wenn unsere persönlichen Stärken und unsere erlenten Fähigkeiten zusammentreffen, wird oft vom sogenannten Flow-Erleben gesprochen, einem Zustand, in dem wir Zeit und Raum vergessen und uns ganz im Hier und Jetzt verlieren. (vgl. Mihaly Csikszentmihalyi)

Dafür ist entscheidend, dass wir unsere Aufgaben zwar als herausfordernd, aber machbar bewerten und dass unsere Fähigkeiten für die Bewältigung dieser Aufgabe ausreichen.

Das Flow-Modell in der Positiven Psychologie. Auf der X-Achse werden die Fähigkeiten gemessen, auf der Y-Achse die Anforderungen.

Das Flow Modell in der Positiven Psychologie

Für das Erfolgserleben ist es wichtig, dass der Erfolg eben nicht durch Zufall oder Glück eingetreten ist, sondern dass wir ihn durch unser Handeln, unsere Fähigkeiten und den Einsatz unserer persönlichen Stärken selbst herbeigeführt haben.

Bring‘ dein Licht zum Strahlen

In unseren Schwächen können wir nur Mittelmaß erreichen,

aber in unseren Stärken werden wir strahlen!

Wenn wir unseren Fokus auf unsere Stärken richten, werden wir selbstbewusster, sind in der Lage, bessere Entscheidungen zu treffen und werden dadurch auch insgesamt ausgeglichener und zufriedener.

Und nicht zuletzt ist der Einsatz der persönlichen Stärken auch eine Präventionsmaßnahme, um psychischen Erkrankungen, wie Depression oder Burnout vorzubeugen.

Mit einem klaren Blick auf deine Stärken entwickelst du mehr SELBST-Bewusstsein und schaffst die Voraussetzungen, dir deine Vision eines selbstbestimmten Lebens zu erschaffen.

Es lohnt sich also sehr, immer mal wieder einen Blick auf die persönlichen Stärken zu richten – und zwar nicht nur in Vorbereitung auf ein Bewerbungsgespräch!